Wenn ich Focusing-Sitzungen gebe, macht es mich immer wieder traurig, wie viele Menschen an einem fragmentierten Ich leiden, einer Persönlichkeit, die zerrissen wird von inneren Kämpfen und Widersprüchen.
Innere Anteile zerren die Person in verschiedene Richtungen, etwas möchte beispielsweise in der gegenwärtigen Partnerschaft bleiben und etwas möchte ausbrechen, Emotionen überschlagen sich wie eine außer Kontrolle geratene Achterbahn - Wut, Trauer, Hilflosigkeit, Einsamkeit etc. - und dann melden sich auch noch innere Stimmen, die einem Vorwürfe machen, dass es so ist, wie es ist, und dass eigentlich alles ganz anders sein könnte, wenn man sich nur ein wenig mehr anstrengen würde. Und darauf reagieren natürlich wieder innere Anteile mit Scham, einem Gefühl der Wertlosigkeit oder schierer Verzweiflung. Von den körperliche Auswirkungen all dessen ganz zu schweigen!
Die Wahrheit ist, dass der Prozess, die verschiedenen Fragmente des Ichs wieder zu integrieren, teilweise sehr langwierig sein kann. Einige Teile lassen sich recht schnell in die Ganzheit zurückführen, für andere braucht man unter Umständen Jahre.
Auch ich bin von einer solchen inneren Zerrissenheit nicht verschont geblieben und musste auf die schmerzhafte Art und Weise lernen, was funktioniert und was nicht. So habe ich zu Focusing gefunden.
Der Focusing-Prozess zielt in seiner Essenz darauf ab, die einzelnen Anteile der Persönlichkeit wieder zu einem geschlossenen Ganzen zusammen zu setzten. Wie kann man das tiefe Leiden, dass Menschen auf dem Weg dorthin empfinden, sofort ein wenig mildern?
Hier ist, was ich mache und was fast immer zu einer Verbesserung des Zustandes führt: Ich unterstütze Menschen darin, aus der Identifikation mit den Einzelteilen herauszutreten und sich mit dem wahrnehmenden Ich zu identifizieren, mit dem, was all die scheinbar chaotischen und außer Kontrolle geratenen Teile spüren und sehen kann, mit dem Ich, das all den Fragmenten gegenüber treten kann. Dafür gibt es zahlreiche sprachliche Formulierungen, z.B.:
"Und erinnern Sie sich daran, dass Sie derjenige sind, der das, was Angst hat, wahrnehmen kann. Das, was Angst hat, ist da und Sie sind auch da."
Dabei betone ich immer ganz besonders das Wort "Sie".
Diese Intervention führt in sehr vielen Fällen zu einer neuen Perspektive auf sich selbst und das eigene Leid. Diese ermöglicht Mitgefühl für sich selbst und bringt Erleichterung und neue Handlungsmöglichkeiten.
Der eigentliche Prozess der Heilung, der die einzelnen Fragmente wieder zu einer organischen und robusten Einheit zusammensetzt, profitiert davon und baut darauf auf.
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