Mitgefühl ist eines der wirksamsten Gegengifte für alle Arten des Leidens. Sicher haben Sie das selbst schon einmal erlebt: Sie fühlen sich schlecht, treffen dann jemanden, dem Sie Ihr Herz ausschütten, Ihnen wird Mitgefühl und Verständnis entgegengebracht und plötzlich fühlen Sie sich deutlich besser. Nicht umsonst heißt es: "Geteiltes Leid ist halbes Leid."
Doch leider bekommen die meisten Menschen in unserer Gesellschaft viel weniger Mitgefühl und Verständnis, als sie es eigentlich bräuchten. Der Gedanke "wer leidet, ist selber schuld" ist uns so tief eingeimpft worden, dass nur die wenigsten von uns in der Lage sind, anderen Mitgefühl zu geben, ohne sie gleichzeitig für ihr Leid zu verurteilen und zu kritisieren. Umso wichtiger ist es zu lernen, wie man Mitgefühl für sich selbst entwickelt. Hier drei Schritte, die Sie auf dem Weg unterstützen können:
1. Es ist hilfreich, zwischen mir und dem in mir, das leidet, zu unterscheiden. Folgende Formulierung hat sich dabei bewährt:
"Ich spüre ETWAS in mir, das ... [leidet, Schmerzen hat, traurig ist, ängstlich ist etc.]
2. Erinnern Sie sich an eine Situation in Ihrem Leben, in der Ihnen ein anderer Mensch echtes Mitgefühl entgegengebracht hat. Spüren Sie in Ihrem Körper, wie sich das angefühlt hat. Lassen Sie das Gefühl voll und ganz da sein, in Ihrem Körper, und saugen Sie es ganz in sich auf.
Oder: Denken Sie an einen Menschen, für den SIE Mitgefühl empfinden. Wie fühlt sich das auf körperlicher Ebene an? Spüren Sie das Körpergefühl, vermutlich ist es irgendwie warm und fließend, und nehmen Sie es ganz in sich auf.
3. Richten Sie dann die Mitgefühl-Energie, die Sie bei Schritt 2 gesammelt haben, auf das Etwas in Ihnen, das leidet. Finden Sie einen Satz, der Ihr Mitgefühl für den Teil von Ihnen, dem es nicht gut geht, ausdrückt, z.B.:
"Ich spüre, wie sehr du leidest."
"Ich bin bei dir."
"Mögest du weniger leiden!"
"Ich kümmere mich um dich."
etc.
Falls im Laufe des Prozesses Gedanken auftauchen, wie "Ich habe kein Mitleid verdient", erkennen Sie diese an:
"Etwas in mir sagt, dass ich kein Mitleid verdient habe. Auch das ist da."
Die oben genannten Schritte sind keine Zauberformel, die Ihre Beziehung zu sich selbst von heute auf morgen umkrempelt. Das Maß an Mitgefühl eines Menschen für sich selbst ist abhängig von dem Mitgefühl, das Bezugspersonen ihm im Laufe seiner Entwicklung entgegengebracht haben. Wenn Ihre Bezugspersonen Ihnen nicht genug gegeben haben, scheuen Sie nicht davor zurück, sich neue Bezugspersonen zu suchen, eventuell sogar Therapeuten oder Trainer, die Mitgefühl für Sie haben und Sie dabei unterstützen, dieses Mitgefühl auf sich selbst zu übertragen.
Dabei und auf dem Weg dorthin können die oben genannten Schritte wertvolle Dienste leisten.
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