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Writer's pictureArno Katz

Perfektionismus

Das Wort "Perfektionismus" hat einen negativen Beigeschmack, denn viele Menschen leiden unter ihrem Perfektionismus.


Aus Focusing-Sicht haben wir es hier mit einer Dynamik zu tun, an der mindestens zwei Aspekte der Person beteiligt sind: etwas, das perfekt sein möchte, und etwas, das darunter leidet. Es ist sinnvoll, sich zuerst dem zuzuwenden, das perfekt sein möchte, und es durch einen Prozess zu führen. Sobald es beginnt, sich zu ändern, wird sich auch ganz automatisch das verändern, was leidet. Denn wenn der Auslöser für das Leid wegfällt, verschwindet auch das Leid selbst.


Wie sieht nun der Prozess aus, durch den der perfektionistische Teil der Person geführt werden muss? Zunächst einmal muss er eingeladen werden, die innere Bühne zu betreten. Hat er sich gezeigt, muss er begrüßt und seine Existenz anerkannt werden. Anschließend müssen wir erspüren, welche Emotion in ihm steckt und ihn anteibt. Und das ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine Form von Angst oder Sorge. Er ist ängstlich oder besorgt, dass etwas Schlimmes passieren könnte, wenn er nicht dafür sorgt, dass die Dinge perfekt laufen.


Wenn man nachspürt, wovor er Angst hat, was passieren könnte, wird dieser Teil vermutlich Ergeignisse in der äußeren Welt benennen oder zeigen, wie etwa: "Ich habe Angst, dass mein Boss mich feuert, wenn ich meine Arbeit nicht perfekt erledige." Diese Angst oder Sorge muss gehört werden. Der nächste Schritt besteht darin, zu erspüren, vor welchem Gefühl dieser Teil Angst hat, welches Gefühl in der inneren Welt er nicht will. Und vielleicht kommt dann etwas, wie: "Ich will mich nicht wie ein Versager fühlen."


Sobald wir auf das Gefühl gestoßen sind, das dieser Teil nicht für uns will, das er vermeiden möchte, spüren wir nach, welches Gefühl es ist, das er für uns will, etwa: "Dass ich mich stark genug fühle, mein Leben in die eigene Hand zu nehmen." Dadurch offenbart sich, dass der Perfektionismus nur eine Strategie war, um ein ganz bestimmes Ziel zu erreichen. Und möglicherweise eröffnen sich dann realistischere Wege, dieses Ziel zu erreichen, als perfekt zu sein.


In dem Moment, in dem das geschieht, endet der "Perfektionismus" und das Leid lässt nach.

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