Vielen Menschen fällt es schwer, Nein zu sagen. Pflichtbewusst übernehmen sie alle Aufträge und erfüllen alle Wünsche gewissenhaft. Möglicherweise leiden sie jedoch innerlich dabei, werden krank oder brennen aus. Wie kommt es, dass es so schwer ist, Nein zu sagen und dabei zu bleiben?
Häufig können Menschen deswegen nicht Nein sagen, weil sie ihr inneres Nein nicht spüren, obwohl es da ist. Vielleicht existiert irgendwo im Körper ein mulmiges, ungutes Gefühl, vielleicht sogar Schmerz, wenn solche Menschen mit einem Auftrag oder einer Bitte konfrontiert werden, doch sie haben nie gelernt, solche inneren Signale wahrzunehmen. Mit Focusing kann man lernen, diese subtilen inneren Regungen wieder in den Blick zu bekommen und ihnen zu vertrauen.
Manchmal spüren Menschen aber auch ein ganz klares Nein. Und trotzdem sagen sie Ja. Ist das der Fall, liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein innerer Konflikt vor. Ein Teil der Person will nicht (und das aus einem guten Grund) und ein Teil der Person will (und das ebenfalls aus einem guten Grund). Möglicherweise hat der zweite Teil Angst davor, was passieren könnte, wenn die Person tatsächlich Nein sagt. Oder er empfindet das legitime Bedürfnis, andere zu unterstützen und ihnen zu helfen.
Die Kunst des Nein-Sagens besteht darin, alle Teile - sowohl den, der Nein sagt, als auch den, der Ja sagt - anzuerkennen, die zugrunde liegenden Bedürfnisse zu hören und einen Weg zu finden, der allen Teilen gerecht wird. Wird jedoch einem der Teile nachgegeben und der andere ignoriert, wird dieser in irgendeiner Form Rache üben, etwa durch negative Gefühle oder körperliche Schmerzen.
Wie schwer es ist, aber auch wie wichtig, wirklich ALLES innerlich wahrzunehmen, habe ich vor kurzem wieder einmal am eigenen Leibe erlebt. Machen Sie sich keine Vorwürfe, wenn Sie die Kunst des Nein-Sagens noch nicht perfektioniert haben. Das Leben wird Ihnen noch reichlich Gelegenheit dazu geben.
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