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Writer's pictureArno Katz

Geburtstrauma verarbeiten mit Focusing

Wenn wir geboren werden, sind wir vollkommen hilflos und unser sensibles Nervensystem ist von all den Reizen, denen wir ausgesetzt sind, komplett überfordert. Gerade noch befanden wir uns in einem Zustand glückseliger Geborgenheit und Symbiose und plötzlich wird an uns gedrückt, gezogen und gequetscht und dann kommen Lichter und Stimmen.





Sollte es dann noch zu Komplikationen kommen, beispielsweise wenn sich die Nabelschnur um unseren Hals legt oder wir uns in einer falschen Position befinden, die einen Kaiserschnitt nötig macht, und wir dann den Stress unserer Mutter spüren, wird unser Nervensystem in den höchsten Alarmzustand versetzt.





Von Natur aus sind wir so programmiert, dass wir danach den engen Hautkontakt zu unserer Mutter benötigen, um uns wieder zu beruhigen und um unser Nervensystem zu regulieren. Eigentlich müssten wir, so hat es die Natur vorgesehen, auf den Bauch unserer Mutter gelegt werden.




Doch tragischerweise wird dieser Kontakt allzu oft verhindert. Noch bis in die 80er-Jahre hinein wurden Neugeborene direkt nach der Geburt von ihrer Mutter getrennt, damit diese "sich erholen" kann, und auch heute noch kommt es oft zu einer Trennung, wenn direkt nach der Geburt eine medizinische oder operative Behandlung der Mutter oder des Säuglings nötig ist.





Das Neugeborene ist dann völlig allein mit seinem überreizten Nervensystem. Da es sich selbst nicht regulieren kann, bleibt der Alarmzustand bestehen. Das kann sich beispielsweise darin zeigen, dass es motorisch unruhig ist und viel schreit.





Ist die Mutter dann bei der Wiedervereinigung mit ihrem Kind, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage, den benötigten Kontakt zu geben, verfestigt sich der Alarmzustand im Nervensystem und es kommt zu einem Geburtstrauma.





Später im Leben entwickeln solche Menschen mannigfaltige Symptome: Ängste, Zwänge, Depressionen, Probleme mit anderen Menschen in Beziehung zu treten, ADHS usw.





Die Verarbeitung solcher Traumata ist sehr schwierig, da wir keine bewusste Erinnerung an sie haben. Sie geschahen in einer Zeit, in der wir noch nicht sprechen konnten, und können daher in einer herkömmlichen Therapie nicht verbalisiert werden.





Und deswegen ist Focusing besonders geeignet, solche frühen Verletzungen zu heilen, da Focusing mit dem sogenannten Felt Sense arbeitet, mit einem unklaren inneren Gefühl, das wir ganz konkret in unserem Körper spüren können.





Da ist zwar keine Erinnerung an das, was während oder nach unserer Geburt geschah, aber vielleicht ist da ein Körpergefühl, tief eingebrannt in unser Nervensystem, und wenn ich dabeibleibe und es beschreibe, kommen möglicherweise die Worte: "Es fühlt sich so an, wie völlig hilflos zu sein... voller Schmerz... und niemand ist da..."





Auf diese Weise können die tief in uns vergrabenen Geburtstraumata der Verarbeitung zugänglich gemacht und durch den für Focusing typischen Heilungsprozess geführt werden.

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