Über die Frage, ob man während des Focusing-Prozesses sich selbst oder seinem Focusing-Partner Fragen stellen sollte, gehen die Meinungen auseinander. Gene Gendlin, der Begründer von Focusing, verwendet Fragen. Ann Weiser Cornell empfiehlt, keine Fragen zu stellen, sondern Vorschläge zu machen. Worin liegt der Unterschied?
Ich lade Sie zu einem kleinen Experiment ein. Lassen Sie einmal die folgenden beiden Sätze auf sich wirken, von denen der erste ein Frage ist und der zweite ein Vorschlag:
Wie fühlen Sie sich jetzt gerade in Ihrem Körper?
Vielleicht mögen Sie einmal nachspüren, wie Sie sich jetzt gerade in Ihrem Körper fühlen.
Welchen Unterschied bemerken Sie? Die meisten Menschen empfinden es wie folgt: Die Frage betont die zwischenmenschliche Beziehung. Es klingt so, als erwarte der Fragende eine Antwort. Dadurch kann der Fokussierende aus seinem inneren Prozess gezogen werden, weil er eventuell glaubt, sich dem Fragenden zuwenden zu müssen.
Außerdem legt die Frage nahe, dass die Antwort schon da ist und nur noch ausgesprochen werden muss. Sie unterstützt nicht die Suche nach der Antwort. Sie lässt kaum Raum für die Möglichkeit, dass die Antwort noch nicht da ist und erst gefunden werden muss.
Ein weiteres Problem ist, dass man einer Frage schlecht aus dem Weg gehen kann, selbst wenn sie falsch gestellt ist. Fragen erfordern Antworten und es ist nicht so leicht zu sagen: "Die Frage passt jetzt nicht."
Der Vorschlag hingegen unterstützt die innere Beziehung, die Beziehung des Fokussierenden zu sich selbst, und lässt den Fragenden als Person außen vor. Der Fragende braucht keine Antwort und der Fokussierende kann ganz bei sich selbst bleiben.
Die Form des Vorschlags erfordert kein sofortiges Ergebnis, sondern unterstützt die Suche: "Vielleicht mögen Sie einmal nachspüren..." Sie lässt dem Fokussierenden Zeit, eine Antwort zu finden.
Desweiteren ist es leichter, einen Vorschlag, der nicht passt, zu ignorieren oder zurückzuweisen als eine Frage. Es ist leichter für den Fokussierenden zu entgegnen: "Das ist jetzt nicht richtig."
Wenn Sie merken, dass Fragen Sie bei Ihrem Prozess stören, sollten Sie sich selbst Vorschläge geben und Ihren Partner bitten, das ebenfalls zu tun. Wenn es für Sie keinen Unterschied macht, ob eine Frage gestellt wird oder nicht, sind Fragen natürlich auch okay. Sie und/oder Ihr Focusing-Partner sollten sich lediglich darüber klar werden, was Sie persönlich für Ihren Prozess brauchen, und entsprechende Absprachen treffen.
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