"Das gehört sich nicht! Das tut man nicht!" Mit solchen Sätzen ist die Nachkriegsgeneration aufgewachsen. In den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es noch Normen und Wertvorstellung, die als allgemeingültig und verbindlich galten. Spätestens seit der weltweiten Studentenrevolte Ende der 60er Jahre stehen diese Werte in Frage. Handelt es sich nicht schlicht und ergreifend um Introjekte, die uns die Elterngeneration aufgenötig hat?
Aus Focusing-Sicht kann man diese Frage wie folgt beantworten: Kommt ganz darauf an! Ganz sicher gibt es innere Teile, die uns maßregeln und uns sagen wollen, was wir zu tun und zu lassen haben, und dabei nicht das Gesamtwohl der Person im Blick haben. Diese Teile sind jedoch keine inneren Feinde, die es zu bekämpfen gilt. Auch sie enthalten einen Teil unserer Wahrheit und wollen einen positiven Beitrag zu unserem Leben leisten. Ihnen fehlt eben nur der Gesamtüberblick. Wenn sie uns sagen "Das tut man nicht", wollen sie uns vor negativen Konsequenzen bewahren und sehen nicht, dass möglicherweise in dem nicht gewollten Verhalten ein Schritt nach vorne liegt.
Aber nicht alles, was in uns vorgeht, sind innere Teile. Unser organismischer Erlebensfluss hat immer die Absicht, das Leben voranzutreiben, uns vorwärts zu bringen. Es findet permanent eine Bewertung statt, was für uns gut ist und was schlecht. Wenn wir also spüren, dass etwas nicht richtig für uns ist, heißt das nicht unbedingt, dass dort ein innerer Teil spricht. Möglicherweise ist es unser Organismus, unser Körper selbst, der zu uns spricht und uns wissen lässt, was er braucht und was er vermeiden will. Innere Teile entstehen, wenn aufgrund widriger Lebensumstände bestimmte Aspekte dieses organismischen Erlebensflusses abgespalten werden. Daher enthalten auch sie einen Teil unserer Wahrheit, aber eben nur einen Teil, und nicht das Ganze.
Die Unterscheidung, was von einem inneren Teil kommt und was von unserem Körper, ist nicht ganz leicht. Wie gesagt: Auch innere Teile enthalten einen Teil unserer Wahrheit, der gehört werden will. Wird er gehört, fließt diese Teilwahrheit in unsere Gesamtwahrheit und wir sind weniger gespalten und mehr wir selbst.
Mit anderen Worten: Es gibt Dinge, die man tatsächlich nicht tut, weil sie unserer Entwicklung nicht förderlich sind. Was das im Einzelfall konkret bedeutet, muss jeder für sich selbst ergründen. Wenn Sie sich dabei meine Hilfe wünschen, schreiben Sie mir.
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