Das Wort „Digitalisierung“ ist in aller Munde und der digitale Wandel wird mit wachsender Begeisterung zelebriert. Fast hat man den Eindruck, es sei ein goldenes Zeitalter angebrochen, eine neue Zeit, in der Milch und Honig in rauen Mengen fließen.
Ich kann die Euphorie gut verstehen. Es gibt heute Möglichkeiten, seine Welt zu gestalten, von denen vor Jahren noch niemand zu träumen gewagt hätte. Einen Blogeintrag zu schreiben, wie ich es gerade tue, und ihn mit einem Klick in die Öffentlichkeit zu entlassen, zugänglich von jedem noch so kleinen Winkel der Erde, wäre vor 25 Jahren noch undenkbar gewesen. Ohne die digitalen Medien könnte ich nicht Focusing unterrichten, da ich fast ausschließlich am Telefon und über Skype arbeite, und hätte es vielleicht selbst nie gelernt.
Manchmal gerate ich geradezu in einen Strudel der Begeisterung über die vielfältigen neuen Möglichkeiten: spannende Online-Kurse, Videokonferenzen mit interessanten Menschen, brandneue Apps usw. Und häufig spüre ich nach Stunden auf dieser Welle der Begeisterung eine Erschöpfung, ein Ausgebranntsein, ein Gefühl der Leere.
Der Grund dafür ist, dass unser Körper nicht digital ist, sondern ziemlich analog. Die Gene, die wir in uns tragen, sind in einer anderen Zeit entstanden, in grauer Vorzeit, in der unsere Vorfahren um ihr nacktes Überleben kämpften. Genetisch haben wir uns seitdem kein Stück weiterentwickelt. Auch wir empfinden eine tiefe Befriedigung, wenn wir gemeinsam mit unserer Sippe um das Lagerfeuer sitzen und die Beute zubereiten, die wir gerade erlegt haben. Feierfotos von Facebook-Freunden können dieses sättigende Gefühl der Zusammengehörigkeit nicht ersetzen.
Was heißt das nun ganz konkret? Wir müssen uns regelmäßig Zeit nehmen, um in unseren Körper hinein zu spüren und Kontakt aufnehmen zu unserem körperlichen Erleben, zu der Resonanz, die dieses neue Zeitalter mit all seinen fantastischen Chancen in uns auslöst. Wir müssen in Kontakt bleiben zu den Sehnsüchten und Bedürfnissen unseres Körpers, um uns nicht im digitalen Sumpf aus Nullen und Einsen zu verlieren. Nur wenn wir in Verbindung stehen zu dem Leben, das durch unseren Körper pulsiert, können wir die Möglichkeiten dieser neuen Zeit auf eine Art und Weise nutzen, die unserem eigentlichen Wesen entspricht und unserem Wohlbefinden dient.
Ich selbst muss mich immer wieder daran erinnern und Focusing hilft mir dabei.
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