Focusing wird häufig als eine Methode dargestellt, die gleichberechtigt neben vielen anderen steht. Es gibt die Gewaltfreie Kommunikation, Meditation, Yoga, die unterschiedlichsten psychologischen Schulen und unzählige andere Wege, um zu sich selbst und anderen Menschen zu finden - und es gibt eben auch Focusing.
Es ist vollkommen berechtigt, Focusing neben all die anderen Methoden zu stellen, denn wir haben eine Vorgehensweise, die sich deutlich von diesen unterscheidet. Kern dabei ist die Kontaktaufnahme zu unseren sogenannten Felt Senses, zu unserer körperlich spürbaren Resonanz auf vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Lebenssituationen. Die Dimension des Felt Senses spielt in anderen Methoden kaum eine Rolle, auch wenn sich einige inzwischen des Begriffes „Felt Sense“ bedienen, den Eugene Gendlin, der Begründer von Focusing, geprägt hat. (Meist wird dieser Begriff aber missverstanden.)
Focusing kann tatsächlich jedoch noch viel mehr sein als eine Methode neben anderen. Für mich persönlich ist Focusing eine Meta-Methode, die die Fähigkeit vermittelt nachzuspüren, welche anderen Methoden zu mir passen und für mich funktionieren. Was fühlt sich gut für mich an und was nicht? Vielleicht gibt es einzelne Elemente anderer Vorgehensweisen, die mir weiterhelfen?
Ich selbst habe gute Erfahrungen gemacht mit der Gewaltfreien Kommunikation, mit Vipassana-Meditation, Chi-Gong und verschiedenen psychologischen Schulen, wie beispielsweise dem personenzentrierten Ansatz nach Rogers und der Bindungstheorie nach Bowlby und Ainsworth. Erkenntnisse aus diesen Ansätzen haben mich ungemein bereichert und ich würde auf nichts davon verzichten wollen.
Außerdem nutze ich all diese Wege mit einer Focusing-Orientierung, indem ich bei allen Schritten, die ich mir dort entliehen habe, Kontakt herstelle zur Felt-Sense-Dimension, zum ganz konkret um Körper spürbaren Erleben – sowohl bei mir selbst als auch bei meinen Klienten. So entgeht man der Entweder-oder-Falle - entweder betreibe ich Focusing oder Gewaltfrei Kommunikation, aber nicht beides gleichzeitig. Wenn ich immer wieder in meinen Körper hinein spüre, egal was ich gerade mache, ist es möglich, Focusing mit allen anderen Methoden zu kombinieren. Dadurch werden diese Methoden effektiver und Focusing selbst auch.
In diesem Sinne ist Focusing tatsächlich eine Meta-Methode.
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